Genetische Ressourcen, Traditionelles Wissen und Folklore

Genetische Ressourcen (GR) und das damit assoziierte traditionelle Wissen (ATW) von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften sind wichtige Bestandteile der Biodiversität. Sie können als Ausgangspunkt für Innovationen in unterschiedlichen Bereichen dienen. Beispielsweise kann traditionelles Wissen über die Heilwirkung einer bestimmten Pflanze die Erforschung und Entwicklung von neuen medizinischen Wirkstoffen erleichtern. GR/ATW spielen eine wichtige Rolle in den Bereichen Kosmetika, Landwirtschaft und Ernährung sowie generell in der Biotechnologie. 

 

Bei der Thematik «genetische Ressourcen, Traditionelles Wissen und Folklore» gibt es zahlreiche Fragen und Schnittstellen zum Geistigen Eigentum. Insbesondere Entwicklungsländer fordern, dass im Bereich des Geistigen Eigentums Massnahmen eingeführt werden, um GR/ATW besser zu schützen.

 

Damit beschäftigt sich insbesondere das Zwischenstaatliche Komitee (IGC) der WIPO. Die Generalversammlung der WIPO von 2022 beschloss, bis Ende 2024 eine diplomatische Konferenz einzuberufen, um ein neues Abkommen über Geistiges Eigentum und GR/ATW zu verabschieden.

 

Diese diplomatische Konferenz fand vom 13. bis 24. Mai 2024 in Genf am Hauptsitz der WIPO statt. Dabei gelang es der internationalen Staatengemeinschaft, nach über 20 Jahren Verhandlungen einen neuen internationalen Vertrag über Geistiges Eigentum und GR/ATW zu verabschieden. Der neue WIPO-Vertrag regelt die sogenannte Offenlegung der Herkunft von GR und ATW bei Patentanmeldungen. Die Schweiz kennt bereits seit 2008 eine solche Offenlegungspflicht (Art. 49a Patentgesetz), welche mit dem neuen WIPO-Vertrag vereinbar ist. 

 

Die Schweiz hat den WIPO-Vertrag am 4. März 2025 unter Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet. Die Umsetzung dieses Vertrags erfordert keine Gesetzesänderungen in der Schweiz. Der Vertrag muss nun noch dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden. Er tritt in Kraft, nachdem ihn 15 Länder ratifiziert haben. 

 

  

Was sind Genetische Ressourcen?

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD) definiert den Begriff «genetische Ressourcen» als genetisches Material von tatsächlichem oder potentiellem Wert. Darin eingeschlossen ist jedes Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen Ursprungs, das funktionale Erbeinheiten enthält. Der WIPO-Vertrag enthält dieselbe Definition wie die CBD. 

 

Was ist traditionelles Wissen?

Aktuell besteht keine international anerkannte Definition des Begriffs «traditionelles Wissen». Allgemein kann dieser Begriff umschrieben werden als «die Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche von indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften in Entwicklungs- und Industrieländern, welche diese Gemeinschaften über Generationen geschaffen, verbessert und an die sich ändernden Bedürfnisse und Umwelteinflüsse angepasst sowie, häufig in mündlicher Form, an die nachfolgende Generation weitergegeben haben.»

 

Was regelt der neue WIPO-Vertrag über Geistiges Eigentum, genetische Ressourcen und assoziertes traditionelles Wissen?

Der neue WIPO-Vertrag enthält eine Pflicht zur Offenlegung der Herkunft der GR und ATW in Patentanmeldungen. Dabei sollen Patentanmeldende das Ursprungsland der GR offenlegen. Sofern ihnen dieses nicht bekannt ist, soll eine andere Quelle angegeben werden (z.B. eine Genbank oder ein botanischer Garten). Im Zusammenhang mit ATW sollen insbesondere das indigene Volk oder die lokale Gemeinschaft offengelegt werden. Bei der Nicht-Einhaltung dieser Offenlegungspflicht kommen angemessene und wirksame Sanktionen zur Anwendung. Diese sollen jedoch keine Auswirkungen auf die zugeteilten Patentrechte haben, ausser bei Falschangaben mit betrügerischer Absicht. 
Das neue Abkommen regelt keine Aspekte, welche bereits im Rahmen anderer internationaler Abkommen geregelt sind (z.B. die Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung der GR).

 

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