Mit Begleiteten Patentrecherchen und Begleiteten Patentumfeldanalysen erhalten KMU, Startups, Einzelerfinder und Forscher wertvolle Entscheidungsgrundlagen für die weiteren Schritte in Bezug auf eine Idee oder Erfindung. Im April und Mai 2020, während des Corona-Lockdowns, hat das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) diese Dienstleistungen kostenlos über Online-Meetings durchgeführt.
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«KMU haben die Zeit des Stillstands für neue Ideen genutzt»
Mit Distanz ganz nah beim Kunden: Das IGE hat KMU und Startups während der Corona-Krise online mit kostenlosen begleiteten Patentrecherchen unterstützt. Das war sowohl für die Kunden wie für die Patentexperten des IGE eine schöne Erfahrung. Theodor Nyfeler, stv. Leiter Patentabteilung und Leiter Patent- und Technologierecherchen, gibt Einblick in die Aktion.
Herr Nyfeler, wie war die Resonanz auf die Aktion des IGE?
Theodor Nyfeler: Die Resonanz war gross. Wir haben in den beiden Monaten der Aktion über 300 Anträge für begleitete Recherchen erhalten. Das ist mehr als doppelt so viel wie sonst. Dieses grosse Interesse ist sicher auch der breiten Kommunikation Anfang April zu verdanken, bei der uns schweizweit unsere Partner im Bereich der Innovationförderung und des Technologietransfers sowie verschiedene Berufsverbände unterstützt haben. So konnten wir schnell viele potentielle Nutzer erreichen.
Kleine Unternehmen sind also auch während der aktuellen Krise innovativ.
Absolut. Es hat sich gezeigt, dass viele Privatpersonen, Startups und KMU die Zeit des Stillstands genutzt haben, um sich neue Ideen, Produkte und Dienstleistungen zu überlegen. Unsere Aktion hat dazu beigetragen, dass sie sich gleich zu Beginn Gedanken über den Schutz ihrer Ideen und Erfindungen gemacht haben. Das ist wichtig. Aufgrund der Rechercheergebnisse können sie frühzeitig Ideen ohne Potenzial fallenlassen und zukunftsträchtige Erfindungen gezielt weiterverfolgen.
Was hat Sie zu der Aktion bewogen?
Als sich der Stillstand in weiten Teilen der Wirtschaft abzeichnete, war schnell klar, dass auch wir einen Beitrag zur Minimierung der wirtschaftlichen Schäden leisten wollen. Im Fokus hatten wir die besonders betroffenen KMU und Startups. Wir wollten ihnen etwas anbieten, das sie bei der Entwicklung zukunftsfähiger Produkte und ihrem wirtschaftlichen Erfolg unterstützt.
Was hat Sie diese Massnahme gekostet und wie wird sie finanziert?
Sie hat uns rund 100 000 Franken gekostet. Finanziert wird das über Gebühren, die das IGE von den Inhabern von Patenten, Marken und Designs einnimmt. Wir haben den offiziellen Auftrag, die Nutzer über die Schutzrechte und den Stand der Technik zu informieren. Das machen wir mit den begleiteten Recherchen. Diese sind auch sonst zum Preis von 300 Franken bei Weitem nicht kostendeckend und dienen der Innovationsförderung.
Unter normalen Umständen kommt der Kunde für die gemeinsame Recherche mit einem Experten ins IGE nach Bern. Nun mussten Sie aufgrund der Distanzregeln auf Online-Recherchen wechseln. Wie ging das?
Dank der Flexibilität unserer Kunden, der Patentexperten sowie der Unterstützung durch unsere Informatik konnten wir die Dienstleistung praktisch nahtlos in der gewohnten Qualität weiterführen. Zu Beginn waren wir etwas skeptisch. Aber obwohl die Online-Durchführung technisch herausfordernd ist und die Kommunikation anders verläuft, hat sie auch ihre Vorteile. So werden Reisen reduziert und Nutzer in den Randregionen können einfacher teilnehmen.
Der gelegentliche Kinderlärm auf der einen oder anderen Seite hat auch mehrfach für Erheiterung und eine entspannte Atmosphäre gesorgt. Man hat realisiert, dass man mit seinen Herausforderungen und Sorgen nicht alleine ist. Diese Onlinemeetings haben das Wir-Gefühl gestärkt und auch geholfen, die fehlenden sozialen Kontakte etwas zu kompensieren.
Werden Sie die Dienstleistungen auch dann noch online anbieten, wenn die Abstandsregeln nicht mehr gelten?
Das haben wir noch nicht entschieden. Die gemeinsame Recherche vor Ort hat viele Vorteile: Der direkte Austausch ist einfacher. Man kann z. B. schnell eine Skizze machen, um etwas zu erklären oder hat Unterlagen in Papierform zur Hand. Es gibt keine technischen Hürden und Einschränkungen für Bild und Ton. Die Online-Durchführung könnte aber die Verbreitung der Dienstleistung weiter unterstützen.
Wer hat das Angebot genutzt? Gab es Unterschiede zur regulären Nutzung der Dienstleistungen?
Die Kundenstruktur hat sich nicht gross verändert. Auffällig war, dass vermehrt Privatpersonen das Angebot genutzt haben, um eine vielleicht schon lange gehegte Idee endlich etwas konkreter anzugehen. Daneben haben Hochschulen, Fachhochschulen, KMU und Startups die Dienstleistung genutzt – noch intensiver als sonst. Die untersuchten Erfindungen waren teils noch nicht so ausgereift wie üblich, dafür gab es mehr Fragen zum Patentsystem.
Wie waren die Rückmeldungen der Kunden?
Die Kunden waren mit der Dienstleistung sehr zufrieden bis begeistert. Sie lobten die Aktion als sinnvoll und echte Unterstützung in dieser schwierigen Zeit. Einen Patentexperten aus dem eigenen Fachgebiet für mindestens vier Stunden «für sich zu haben», wird von den Kunden immer sehr geschätzt – das war auch bei der Onlinedurchführung nicht anders.
Können Sie trotz Geheimhaltung etwas zu den recherchierten Themen sagen? Ging es auch um Erfindungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus?
Es gab vereinzelt auch Ideen oder Erfindungen mit Bezug zur aktuellen Situation, wie Atemmasken, Schutzeinrichtungen oder zum Therapieren von Viruserkrankungen. Daneben gab es auch Fragestellungen, die indirekt mit der Pandemie zu tun haben, wie Heimarbeit oder Tracing-Technologien. Die meisten hatten aber keinen Bezug zum Corona-Virus. Sie kamen aus denselben Technologiegebieten wie bisher und waren wie immer sehr vielfältig.
Nach der Begleiteten Patentrecherche hat der Kunde eine Idee davon, ob seine Erfindung neu ist. Bei wie vielen Kunden ist das jeweils der Fall, die Idee also neu oder potenziell neu?
Das kann ich so nicht beantworten. Wir führen dazu keine Statistik. Aber selbst wenn es die Idee oder Erfindung in dieser oder einer ähnlichen Form bereits gibt, kann sie doch wichtige Teilaspekte beinhalten, die noch patentiert werden können. Viele lassen sich durch die mit der Recherche gefundenen Dokumente inspirieren und verbessern ihre Entwicklungen entsprechend.
Die Patentexperten arbeiten nun alle im Homeoffice. Wie geht das?
Das klappt sehr gut. Patentrecherchen können vollständig aus dem Homeoffice durchgeführt werden. Bei der Patentprüfung gibt es noch wenige Prozesse, die nicht papierlos funktionieren. Diese werden von einem kleinen Team im IGE für die Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice erledigt. Wir sind aber daran, in allen Bereichen des IGE schrittweise auf elektronische Verfahren zu wechseln. Die Markenprüfung und –eintragung funktioniert bereits so, das elektronische Patentverfahren folgt.
Wie ist Ihre Prognose für die kommende Zeit für innovative Unternehmen?
Die Schweiz ist Innovationsweltmeister. Was ich in den letzten Monaten an Ideenreichtum und Tatkraft bei unseren Kunden gesehen habe, stimmt mich sehr zuversichtlich, dass wir das auch bleiben. Die Wirtschaft wird sich dadurch erholen. Wir unterstützen KMU und Startups dabei weiterhin und bieten unsere begleiteten Recherchen bis Ende Jahr zu 100 anstatt 300 Franken an.
Begleitete Recherchen: Entscheidungsgrundlagen für KMU, Startups, Erfinder und Forschende
Bei den Begleiteten Patentrecherchen und Begleiteten Patentumfeldanalysen gehen KMU, Startups, Einzelerfinder und öffentliche Forschungseinrichtungen gemeinsam mit einem Patentexperten des IGE ihrer Fragestellung auf den Grund.
Begleitete Patentrecherchen erlauben ihnen, die Patentierbarkeit von Ideen und Erfindungen abzuschätzen und bieten eine Entscheidungsgrundlage für die weiteren Schritte. Über 85% der Kunden von begleiteten Recherchen nutzen diese Recherche.
Bei der Begleiteten Patentumfeldanalyse wird ein spezifisches Technologiefeld z. B. nach Firmen und Technologietrends untersucht. Diese Dienstleistung beanspruchen 15% der Kunden von begleiteten Recherchen.