In einem Industriepark in Allschwil. PD Dr. Stefan Stübinger empfängt den Besucher im Labor des Department of Biomedical Engineering der Universität Basel. Im Hintergrund arbeiten zwei Forscher. Hier tüftelte der Zahnmediziner über Monate an seiner Erfindung. Der gebürtige Münchner arbeitet seit zwei Jahren in der Schweiz.
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Das Zahnimplantat mit der Muschel
Muscheln haben einen Zahnchirurgen auf die Idee gebracht, die Form von Implantaten neu zu denken. Die Geschichte einer Idee, die zum Patent und Startup führte.
Das Problem: Knochenschwund wegen Implantat
Sein Spezialgebiet sind Zahnimplantate. Deren Prinzip: Eine künstliche Wurzel in Form einer klassischen Schraube wird in den Kieferknochen gedreht. Darauf kommt die Krone. «Das Problem ist, dass sich der Knochen mit der Zeit rund um das Implantat zurückbildet», sagt Stefan Stübinger und zeigt ein Röntgenbild. Das schaffe Raum für Bakterien und verkürze die Lebensdauer des Implantats. Es ist eines der ungelösten Probleme der Zahnmedizin. Stefan Stübinger sucht schon lange nach einer Lösung. Doch der Durchbruch lässt auf sich warten – bis er ein Magazin liest.
Die Lösung: Ein Implantat mit anderen Windungen
Den entscheidenden Hinweis findet er in einem Artikel über den Fund einer Maya-Mumie. Die Mumie trägt als Zahnersatz einen Teil der Muschel. Die Zahnlücke ist auf diese Weise geschlossen, die Muschel in den Knochen eingewachsen. «Faszinierend war, dass rund um die Muschel überhaupt kein Knochenverlust zu erkennen war», sagt Stefan Stübinger.
Daraufhin denkt er das Gewinde neu. Das Ergebnis ist ein Prototyp, der zwei Strukturen aufweist: Der untere Teil des Implantats enthält die Windungen, um die Schraube zu fixieren, der obere Teil weist eine Rillenstruktur wie bei der Muschel auf. Dadurch kann der Knochen nach oben wachsen. Die offene Struktur soll eine optimale Reinigung ermöglichen.
Denn die Schraubenwindung ist die physiologische Barriere für den Knochen: Sie verhindert, dass er nach oben wachsen kann. Die Versorgung für dieses Areal ist zu klein für Nährstoffe, um zu wachsen. Das soll mit der neuen Muschel-Struktur anders sein.
Begleitete Patentrecherche im IGE: Die Implantat-Erfindung unter der Lupe
Nun hat Stefan Stübinger viele Fragen. Ist sein Implantat neu und hat es Chancen auf Patentschutz? Was für Patente auf Implantaten gibt es schon? Antworten erhält der Zahnmediziner bei einer Begleiteten Patentrecherche des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE). «Wir waren von unserer Erfindung überzeugt und klärten mit der Recherche unsere Möglichkeiten ab», berichtet Stefan Stübinger. Die Suche mit der Patentexpertin ergibt, dass nur wenige Patente seine Erfindung gefährden können. Im Bereich der Zahnimplantate existieren viele Patente, aber sie betreffen meistens die Windungsstruktur.
Erfindung patentiert: Was nun?
Mit dem Wissen um eine patentierbare Erfindung kontaktiert Stefan Stübinger einen Patentanwalt. Kurz darauf erfolgt die Patentanmeldung. «Der Anwalt war ein Experte in der Zahnmedizin unserem Bereich und wusste genau, worauf es bei der Formulierung der Patentschrift ankommt. Stefan Stübinger hält heute zwei Patente auf seine Erfindungen. Sie sichern ihm für jeweils 20 Jahre das Monopol an seiner Erfindung.
Start-up gegründet: «Ich hätte die Firma an die Wand gefahren»
Für Stefan Stübinger und seine Geschäftspartner ist klar, dass sie den Weg in die Selbständigkeit wagen wollen. Es ist der Weg in ein voll besetztes Marktsegment Sie werden für verrückt erklärt, dass sie in diesem Verdrängungsmarkt mitmischen wollen. Der Schritt in die Selbständigkeit hat sich letztlich ausgezahlt. In der Schweiz sind bereits die ersten Implantate verkauft worden. Das Unternehmen heisst Botticelli, in Anlehnung an das Bild von Sandro Botticelli mit der Geburt der Venus. Die Schönheit entspringt der Muschel…
Kann auch Ihre Idee patentiert werden? Finden Sie es heraus mit der Begleiteten Patentrecherche.
Zur Person
PD Dr. Stefan Stübinger (43) ist Zahnchirurg aus Leidenschaft. «Ich habe nie meinen Berufswunsch gewechselt. Schon als vierjähriges Kind sagte ich: Ich werde Zahnarzt», erzählt er lachend. Der gebürtige Münchner arbeitet seit einigen Jahren in Basel. Nach dem Zahnmedizin-Studium durchlief der Arzt viele Stationen. Zahnimplantate wurden zu seinem Spezialgebiet, in Zürich betrieb er dazu Grundlagenforschung.