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Der Beruf des Industriepatentanwalts prägt die Welt der Innovation. Paul Georg Maué blickt auf eine über 30-jährige Karriere in diesem zurück – auch als Präsident des Verbands der Industriepatentanwälte in der Schweiz (VIPS). Im Gespräch wirft der ausgebildete Chemiker einen Blick auf seine persönlichen Erfahrungen und die Bedeutung von Patenten für die Schweizer Industrie.
Paul Georg Maué ist seit 1998 VIPS-Präsident. Foto: zVg
Im Dezember 2024 ist Paul Georg Maué pensioniert worden. Der studierte Chemiker begann seine Karriere als Patentanwalt Ende der 1980er-Jahre bei Ciba-Geigy (heute Novartis). 1999 wechselte er zu Syngenta und 2001 zu Solvias. 2008 entschied er sich für den Zahnimplantate-Hersteller Straumann. An allen Orten arbeitete er in der IP-Abteilung. Seit 1998 ist er zudem Präsident des Verbands der Industriepatentanwälte in der Schweiz (VIPS). Die Mitglieder arbeiten in IP-Abteilungen überwiegend von Grossunternehmen, aber auch Start-Ups und KMU.
Ein Meilenstein in seiner VIPS-Amtszeit: Mit vereinten Kräften realisiert man in der Schweiz ein Bundesgesetz über Patentanwälte und Patentanwältinnen. «Es ist uns trotz Widerständen - auch aus der eigenen Berufsgruppe - gelungen, mit Kolleginnen und Kollegen der freiberuflichen Verbände dieses Gesetz umzusetzen», sagt Maué. Das Gesetz definiert unabhängig vom Beschäftigungsverhältnis den Berufsstand mit seinen Rechten und Pflichten.
Eine Drehscheibe für Erfindungen
Seine berufliche Arbeit dient dem Vorankommen von Erfindungen. «An der Tätigkeit des Industriepatentanwalts faszinierte mich, eigenverantwortlich zu arbeiten sowie die Freiheit, die eigenen Aufgaben zu organisieren». Voraussetzung für den Beruf ist ein natur- oder ingeneurwissenschaftlicher Hochschulabschluss, also beispielsweise Chemie oder Maschinenbau. Nur so ist die fachliche Beurteilung einer Erfindung möglich. Patentanwälte recherchieren u.a. auch Patentdatenbanken und kümmern sich um die Anmeldung einer Erfindung bis zur Erteilung einer Patentschrift und deren Durchsetzung.
Als Paul Georg Maué Ende der 1980er-Jahre bei Ciba-Geigy startet, ist er einer von 20 jungen Patentanwälten, die das Grossunternehmen rekrutiert. Damit soll intern IP-Wissen aufgebaut werden. «Zumindest dieses Unternehmen war sich damals bewusst, dass der Beruf keine Vorruhestandsposition für 'ausgediente» Forschende ist', sagt er mit einem Augenzwinkern.
Strategische Rolle
Das Berufsbild hat sich seither stark gewandelt. «In der Anfangszeit stand ich vor allem mit Forschern und deren Leitung in Kontakt. Heute ist der Industriepatentanwalt stärker vernetzt und steht im Austausch mit dem Marketing, den Finanzen und der Konzernleitung. Der Patentanwalt hat mehr Verantwortung und wird stark in die Planung einbezogen», berichtet Maué. Es braucht ein gutes Gespür für neue Entwicklungen: Welche Erfindung lohnt es sich zu schützen? Welche lässt man bleiben? Hinzu kommen die externen Berührungspunkte mit Patentämtern etc.
«Ohne Patente verliert man seine exklusive Marktposition»
Maué war es immer auch ein Anliegen, besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten für den Patentschutz zu weibeln. Bei Sparplänen wird laut dem Experten häufig der Wert von Patenten hinterfragt: «Natürlich können Firmen hier kurzfristig Kosten sparen, wenn sie weniger in Patente investieren, aber das beeinträchtigt die langfristigen Aussichten erheblich. Ohne Patente verliert ein Unternehmen seine exklusive Marktposition.»
Weniger optimistisch sieht er die Entwicklung bei Patentstreitigkeiten vor Gericht, die in den letzten Jahren zugenommen hätten. «Der Zeitbedarf ist sehr hoch. Für Unternehmen dauert es oft zu lange bis eine Entscheidung gefällt wird. So lange kann eine Firma oft nicht warten, um ein Produkt auf den Markt zu bringen.»
Ein Patent ist nicht für alles die Lösung
Für die Schweiz ohne Rohstoffe und mit einem kleinen Heimmarkt ist der Patentschutz zentral. Ohne lassen sich die Entwicklungskosten, die je nach Branche sehr hoch sind, nur schwer wieder reinholen. Maué betont, dass Unternehmen die Möglichkeiten des Patents, aber genauso dessen Grenzen kennen müssen. «Ein Patent kann nicht alles lösen. Wenn ich keine Vermarktung habe, nützt mir die schönste Erfindung nichts». Das Patent ist ein Baustein, häufig eben auch ein sehr wichtiger. Es müsse eine Nachfrage für die Innovation vorhanden sein oder man initiiere sie, wie das beispielsweise Apple mit dem iPhone erreicht habe.
«Mit einer Patentanmeldung ist nicht alles blockiert»
Patente sind auch eine wertvolle Datenquelle. «Die öffentlichen Patentdatenbanken sind ein Schatz, den Unternehmen strategisch nutzen können. Allerdings ist es für ungeübte Nutzer schwierig, diese Daten effektiv zu durchsuchen und auszuwerten. Unterstützung durch Fachleute ist daher unerlässlich», empfiehlt Maué. Patentanwälte seien mit der Auswertung von Recherchen vertraut und können Forschende mit Daten unterstützen. Maué sagt dies besonders mit Blick darauf, dass nicht jedes angemeldete Patent eines anderen Unternehmens einen daran hindern muss, etwas Ähnliches auf den Markt zu bringen. «Man muss also nicht verzweifeln, da mit einer Patentanmeldung nicht alles blockiert ist. Etwas Spezifischeres kann auf jeden Fall noch Patentschutz erreichen.»
Patentanwalt
Er sieht den Beruf auch in Zukunft als eine Mischung aus technischer und juristischer Expertise. «Es wird immer neue Technologien geben, mit denen man sich vertraut machen muss. Patentarbeit lebt von der Technik – das sollte auch so bleiben. Nur wenn ich eine Erfindung nachvollziehen kann, ist auch eine Unterstützung möglich.»
Natürlich seien neue Technologien wie KI im Auge zu behalten, die neu Möglichkeiten bietet. «Die Technologie wird den Patentanwalt nicht überflüssig machen», sagt Maué. KI könne jedoch sehr hilfreich sein, wie heute schon bei der Zusammenfassung von Texten oder bei sprachlichen Alternativen. Die Kunst eines Patentanwalts sieht er auch in Zukunft darin, bei Erfindungen den Blick für das Detail zu haben ohne sich darin zu verlieren.
Wieder Zeit fürs Fotolabor
Den neuen Lebensabschnitt hat Maué gut geplant. Zunächst stehen noch einige Monate Verbandstätigkeit inklusive Übergabe auf dem Programm. Danach widmet er sich Dingen, für die lange keine Zeit war. «Ich will zum Beispiel mein Foto-Labor in Betrieb nehmen, das lange ungenutzt blieb», sagt er. Ausserdem freut er sich darauf, die Familiengeschichte aufzuarbeiten. Sein Grossvater war Geschäftsmann und hat ein umfangreiches Archiv hinterlassen. «Und ich habe es seit meiner Pensionierung wieder geschafft, Bücher zu lesen».
Die Babykleidung mit dem Reinigungseffekt
Eines wollen wir noch wissen. Wer so tief in der Welt der Patente gearbeitet hat, ist sicher auch kuriosen Erfindungen begegnet. «Davon bekam ich in den Patentdatenbanken einige zu sehen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Babykleidung, die den Boden beim Krabbeln reinigt. An der Kleidung waren Bändchen befestigt. Wenn das Kind über den Boden krabbelte, sollte es den Schmutz einsammeln. «Das mag durchaus neu und unterhaltsam sein, doch wirtschaftlich wurde daraus wohl kaum etwas.»
Werden Sie Schweizer IP-Spezialist und Patentanwalt
Das IGE führt in Zusammenarbeit mit den Patentanwaltsverbänden: VESPA, VSP und VIPS einen Lehrgang zum Schweizer IP-Spezialisten und Patentanwalt (SIPSPA) durch.
Nächster Kursstart: August/September 2025 (Anmeldeschluss für den gesamten Lehrgang: 1. August).
Der Lehrgang dient einerseits zur Vorbereitung für die jeweils im Herbst stattfindende eidgenössische Patentanwaltsprüfung und deckt alle relevanten Themen der Prüfungsteile 3 und 4 ab. Die Ausbildung steht aber auch Interessenten offen, die ihr Wissen auf bestimmten Gebieten erweitern oder auffrischen wollen.