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Das Geheimnis der Patentzeichnungen

Zeichnungen in Patentschriften geben Erfindungen ein Gesicht. Die Darstellungen sind mitunter kleine Kunstwerke. Früher von Hand gezeichnet, werden sie längst am Computer gefertigt. Wer nicht aufpasst, verrät in der Skizze zu viel – und verunmöglicht die nächste Erfindung. Ein Blick über die Schultern von Patentzeichnern.

Beispiel Polaroidkamera: Patentzeichnungen visualisieren die Erfindung und haben einen künstlerischen Anspruch. Bild: Espacenet
Beispiel Polaroidkamera: Patentzeichnungen visualisieren die Erfindung und haben einen künstlerischen Anspruch. Bild: Espacenet

Die meisten Patentschriften enthalten Zeichnungen, welche die schriftlichen Patentansprüche bildlich darstellen. Sie erleichtern es dem Fachmann, die Funktionsweise der Innovation zu verstehen. In den Texten wird mit Bezugszeichen auf die verschiedenen Zeichnungen verwiesen. Die Skizzen erzählen auch Geschichten. Je älter sie sind, desto kunstvoller wirken sie. Patentzeichnungen dokumentieren den Erfindungsreichtum der Menschheit.

 

Zeichnungen unterstützen die Patentanmeldung

Bei der Patentanmeldung in der Schweiz oder zum Beispiel Deutschland sind Zeichnungen nicht zwingend. Sie erleichtern aber dem Prüfer die Beurteilung der Erfindung. Das ist auch im Sinne des Erfinders. Denn je komplexer die Innovation, desto schwieriger ist es, sich diese anhand einer Beschreibung vorzustellen. «Die Funktion eines Uhrwerks alleine mit Worten zu beschreiben, ist anspruchsvoll», sagt Simon Straessle, Patentexperte beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum. Er würde es begrüssen, wenn zur Verdeutlichung einer Erfindung sogar 3D-Renderings oder Filme zugelassen wären. In anderen Ländern wie den USA ist eine Illustration zwingend bei der Patentanmeldung. Wer von Anfang an eine Zeichnung einreicht, muss sich später bei einem Patentschutz in den USA nicht mehr darum kümmern.

 

Zu viel Informationen in der Patentzeichnung

Tobias Maas von der Firma maas Ι Patente & Konstruktionen und sein Team haben langjährige Erfahrung mit Patentzeichnungen. Das Unternehmen in Friedrichshafen bearbeitet Zeichnungen von Einzelerfindern, Firmen und Patentanwaltskanzleien. «Wir erhalten gute Skizzen oder auch nur erste, einfache Entwürfe. Je nach Dringlichkeit muss auch einmal ein Screenshot aus einer Powerpoint-Präsentation reichen», sagt Maas. Grundlage für die Patentzeichnung ist häufig ein Prototyp, den man vom Unternehmen erhält.

 

Private Erfinder brauchen besondere Unterstützung. Sie wissen oft nicht, was eine Zeichnung beinhalten sollte. «Passen sie nicht auf, zeichnen sie mehr, als in der Patentschrift beschrieben ist. Dieser zu viel gezeichnete Teil kann bei einer zweiten Erfindung nicht mehr patentiert werden – da er bereits veröffentlicht worden ist. Die Kunst liegt darin, nur so viel zu zeichnen, wie es der Verständlichkeit der Erfindung dient. Einzelerfinder sollten deshalb vor der Patentanmeldung bei Experten Hilfe holen.

 
 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

Kreativer Spielraum

Die Zeichnungen haben nach genauen Vorgaben zu erfolgen. Sie sollen schwarz-weiss sein und müssen sich nach bestimmten Massen richten. Je nach Komplexität der Erfindung ist eine Zeichnung im Schnitt in zwei bis sechs Stunden abgeschlossen. Bei besonders anspruchsvollen Innovationen können es auch mal 20 Stunden sein. Das betrifft z. B. komplizierte Diagramme aus der Elektrotechnik mit verschiedenen Ebenen und Kurven.

 

Trotz der klaren Vorgaben besteht Spielraum für Kreativität: «In unseren Zeichnungen kommt auch der eigene Stil zum Ausdruck. Wir nutzen CAD – das computerunterstützte Entwerfen – nicht immer so, wie gedacht und tricksen es aus, um bessere Resultate zu erzielen», sagt Maas. Während die Experten in Unternehmen früher viele Stunden in die Zeichnungen investiert haben, werden die Darstellungen heute stark vereinfacht. «Ein Auto wird dann als rechteckiger Kasten dargestellt, mehrere Linien sollen für Bäume stehen, oft reicht eine plakative Darstellung», sagt Maas. Die eigene Handschrift zeigt sich in unterschiedlichen Linienstärken oder in einem gewissen Stil bei Figuren oder Maschinen. «Wesentliche Punkte in der Erfindung können wir nicht verändern, aber alles darüber hinaus wie die Umgebung, erklärt Maas.

 

Alle Mitarbeitenden im Team sind ausgebildete technische Zeichner. Für die Arbeit mit Patenten braucht es viel Vorstellungsvermögen und eine Portion Kreativität. Wer bisher Perfektion gewohnt war, muss umdenken: «Eine Patentzeichnung zeigt nie alles perfekt und entspricht auch nicht immer 100% den technischen Normen», gibt Maas zu bedenken. Da müsse man einfach mal fünf Grade stehen lassen. Der Spass überwiege jedoch klar: «Wir erhalten stets Einblick in die neusten Innovationen und tragen mit den Zeichnungen zu einer erfolgreichen Anmeldung bei». Die Entwicklungen spiegeln sich direkt in den Zeichnungen: «Der Trend geht bei uns weg von typischen technischen Patentzeichnungen wie zum Beispiel Turbinen. Wir erhalten heute viel mehr Verfahrens-Patente für Handgesten, Kamerasysteme, die Schilder erfassen und Ähnliches», sagt Tobias Maas.

 
 
 

Patente fürs Wohnzimmer, Tipps für Skizzen

Tipps für die Patentzeichnung: Vorgaben für Patentzeichnungen in der Schweiz

 

Beispiel Schweizer Patentschrift: Bekleidungsstück

 

Experte einbeziehen: Einzelerfinder sollten sich von einem Patentanwalt unterstützen lassen. In unserem IP-Beratungsnetzwerk finden Sie den passenden Experten.

 

Die Suchmaschine für Patente: Die Datenbank des Europäischen Patentamts (EPA) enthält über 120 Millionen Patente. Geben Sie im Suchfeld einfach Ihren Suchbegriff ein. Besonders präzise sind die Ergebnisse, wenn man den Erfinder kennt.

 

Erfindungsskizzen an der Wand: Patentzeichnungen werden sogar als Dekoration für die eigenen vier Wände verwendet. Zahlreiche Anbieter verkaufen sie eingerahmt und in verschiedenen Grössen. Es geht auch einfacher: Man kann Patentzeichnungen recherchieren und ausdrucken. Und das ohne rechtliche Bedenken: Patentschriften sind laut dem Schweizer Urheberrechtsgesetz vom Urheberrecht ausgenommen.

 

Häufig verwendete Patentskizzen für die Wohnung: Edisons Glühbirne, Lego-Figur, Polaroid-Kamera, WC-Rolle.

 

Buchtipps: The Art of the Patent (Kevin Prince, ISBN 978-0983964001) und Patente Patente (Frederking u. Thaler, ISBN 978-3-95416-215-4).

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