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«Wir müssen Swissness auch im Ausland verteidigen»
Der Verein Swissness Enforcement fühlt im Ausland Firmen auf den Zahn, die ihre Produkte unberechtigt mit dem Schweizer Kreuz schmücken. Ein Interview mit Geschäftsführer David Stärkle über die Durchsetzung ausserhalb der Schweiz.
«Wir sind über 100 Hinweisen nachgegangen und konnten zahlreiche Missbräuche stoppen»: David Stärkle ist Geschäftsführer des Vereins Swissness Enforcement. Copyright: IGE
Ein Schweizerkreuz auf dem Zifferblatt anbringen, die Schweizer Fahne auf der Verpackung einer Gesichtscrème drapieren oder «Suisse» in den Firmennamen integrieren – dieses Vorgehen ist im Ausland meist so einfach wie lohnend. Doch häufig ist nicht Schweiz drin, wo Schweiz draufsteht.
Swissness Enforcement bekämpft seit zwei Jahren Trittbrettfahrer im Ausland. Mitglieder sind Unternehmen und Verbände. Auch das IGE zählt dazu. Schweizer Unternehmen generieren mit Swissness jährlich über eine Milliarde Franken, denn Kunden im Ausland sind bereit, für Schweizer Qualitätsprodukte bis zu 20 Prozent mehr zu bezahlen. «Umso wichtiger ist es, dass wir konsequent gegen Trittbrettfahrer vorgehen», bekräftigt David Stärkle. Ansonsten gerate ein für die Schweiz wichtiger Wettbewerbsvorteil in Gefahr und die Qualitätsmarke Schweiz werde verwässert.
Was hat Swissness Enforcement seit der Gründung vor zwei Jahren erreicht?
Wir sind über 100 Hinweisen nachgegangen. Die Bilanz ist sehr positiv, wir konnten zahlreiche Missbräuche stoppen. Unsere Arbeit greift und wird wahrgenommen. Das geht so weit, dass uns die isländische Regierung im Fall von «Iceland vs. Iceland» um Rat gebeten hat. Der Staat Island wollte die britische Supermarktkette Island zur Änderung des Markennamens bewegen. Der Detailhändler wehrte sich. Doch schliesslich hat das Grand Board des Amts der europäischen Union für das Geistige Eigentum (EUIPO) zugunsten des Staates Island entschieden. Das Board ist damit auch unserer Argumentation gefolgt, die wir Island empfohlen haben.
Welche Produkte und Branchen sind von Swissness-Missbrauch besonders stark betroffen?
Das geht durch alle Produkte. An der Spitze stehen Produkte, die man mit der Schweiz in Verbindung bringt: Käse, Schokolade oder Uhren sind die Klassiker. Doch mittlerweile werben auch Hersteller von Schuhen und Anbieter von Software oder von medizinischen Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Schönheit mit dem Schweizer Kreuz – obwohl ihre Produkte oder Dienstleistungen rein gar nichts mit unserem Land zu tun haben. Zudem verwenden Unternehmen gerne das Wort «Swiss» im Firmennamen. Auch hier wird der Konsument getäuscht. Solche Aktivitäten haben deutlich zugenommen. Die meisten Fälle bearbeiten wir in Europa. Aber auch in China und Indien häufen sich die Fälle, wo das Schweizer Kreuz ein Gütesiegel ist.
Wie entdecken Sie Swissness-Schummler?
Viele Vereinsmitglieder haben Überwachungsmandate und lassen die Schutzrecht-Register durchforsten. Wir profitieren von jeder Meldung der Mitglieder inklusive IGE. Ausserdem erhalten wir Meldungen über mögliche Missbräuche über die Schweizerischen Botschaften, aber auch von den Konsumenten selbst. Dann entscheiden wir, ob und wie wir vorgehen. Wir haben eine Vielzahl von Interventionsmöglichkeiten, suchen jedoch in einem ersten Schritt den direkten Kontakt mit den Unternehmen mittels Abmahnschreiben.
Wie reagieren die Unternehmen auf Ihr Schreiben?
25 Prozent sind einsichtig, 25 Prozent weigern sich und vom Rest hören wir nichts. Bei den Verweigerern und Untergetauchten streben wir Nichtigkeitsklagen an. Wir lassen auf jeden Fall nicht locker. Das kostet uns pro Fall 5000 Euro. Hier bauen wir auf die Solidarität aller Mitglieder des Vereins, auch wenn sie nicht jeder Fall direkt betrifft. Wir können Swissness nur gemeinsam verteidigen.
Welche Ziele hat Swissness Enforcement für 2023?
Zunächst möchten wir uns bei allen Mitgliedern für ihre Unterstützung bedanken. Sie zeigen mit ihrer Teilnahme, dass die Verteidigung der Marke Schweiz für unsere Wirtschaft von zentraler Bedeutung ist. Wenn wir 2023 weitere Mitglieder gewinnen können, wird Swissness Enforcement noch stärker werden. Vielen Unternehmen ist noch nicht bewusst, wie stark die Marke Schweiz im Ausland mit falschen Herkunftsangaben geschwächt wird. Tun wir nichts dagegen, gefährdet das langfristig den Ruf von Schweizer Produkten. Im 2023 wollen wir vor allem unsere Aktivitäten auf Online-Plattformen verstärken.
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang wie der Pharmakonzern Roche seine Vereinsmitgliedschaft begründet. Das Unternehmen nutzt Swissness nicht direkt. Doch wenn dubiose Pharmaunternehmen im Ausland das Schweizer Kreuz missbrauchen und die Produkte schlecht sind, fällt dies indirekt auch auf Roche und die ganze Branche zurück. Verursacht die Gesichtscrème gesundheitliche Probleme, dann bleibt dem Konsumenten das missbräuchlich verwendete Schweizer Kreuz auf der Verpackung in Erinnerung. Jedes Exportunternehmen mit einer gewissen Grösse sollte dafür einstehen, dass der Ruf der Schweiz nicht mit für Konsumenten irreführenden und qualitativ zweifelhaften Produkten geschädigt wird.