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Wer nicht schützt, macht sein Design zum Selbstbedienungsladen
Mit einem eigenständigen Design hebt man sich von anderen Produkten ab. Umso wichtiger ist es, diesen Mehrwert auch zu schützen, sagt Simon Kropf. Er ist Designschutz-Experte im IGE und erzählt, warum auch potenzielle Investoren darauf achten.
"Design schützt primär das Aussehen eines Produktes, nicht den Einsatzzweck": Simon Kropf ist beim IGE Experte für Designschutz. Copyright: IGE
In Ihrer Arbeit geht es täglich um Design. Wie wichtig ist Ihnen persönlich die Gestaltung eines Produkts?
Ich selber lege nicht sehr viel Wert darauf. Die Kaffeemaschine und ein Gesellschaftsspiel sind bei mir zu Hause schon das höchste der Gefühle. Aber ja, ich laufe in der Tat mit einem anderen Blick durch die Shops, seit ich beim IGE tätig bin. Ich schaue genauer hin und entdecke zwischendurch auch ein Produkt, das vor kurzem bei uns zum Designschutz angemeldet wurde.
Welche Funktion hat Design für ein Produkt?
Design ist ein Mehrwert, Statussymbol und Unterscheidungsmerkmal in einem. Konsumenten sind bereit, für gutes Design mehr Geld auszugeben. Denken Sie nur an Designermöbel, deren Hersteller sich mit ihren Kreationen einen Namen gemacht haben. Umso relevanter ist die Frage nach dem Schutz des Designs.
Weshalb soll man überhaupt ein Design schützen?
Mit dem Eintrag im Register – in der Schweiz geschieht dies beim IGE oder bei der Weltorganisation für Geistiges Eigentum WIPO – kann man das Design vor Trittbrettfahrern schützen. Die Durchsetzung ist jedoch Sache des Designinhabers. Inhaber des Designs muss selber überprüfen, ob der Schutz verletzt wird – zum Beispiel mit einer Recherche in öffentlichen Datenbanken oder Produkten auf den Markt.
Was passiert in einem Streitfall?
Können sich die Parteien nicht einigen, kommt es zu einem Gerichtsverfahren. Da sind unter anderem folgende Aspekte entscheidend:
Ohne entsprechenden Beweis der Gegenseite wird vermutet, dass zum Zeitpunkt der Hinterlegung kein identisches Design bekannt war, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Das Gericht geht davon aus, dass sich das geschützte Design in wesentlichen Merkmalen von vorbekannten Designs unterscheidet.
Schliesslich geht man davon aus, dass der Designinhaber zur Hinterlegung des Designs berechtigt war.
Der Designinhaber ist aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung in einer viel stärkeren Position als die Gegenseite, die im Gerichtsverfahren das Gegenteil zu beweisen hat. Um es noch einmal zu betonen: Das Gericht vermutet, dass der Anmeldende das Recht am Design hat.
Wie verdiene ich mit meinem Designschutz Geld?
Neben dem rechtlichen Aspekt ist der Schutz von Erfindungen und Kreationen auch für potenzielle Investoren relevant. Diese prüfen, ob ein Unternehmen Patente, Marken oder Designs besitzt. Kunden haben mir bestätigt, dass der Schutz für Investoren wie eine Versicherung ist und eine Kommerzialisierung ermöglicht.
Was umfasst der Designschutz?
Design schützt primär das Aussehen eines Produktes, nicht den Einsatzzweck. Der Schutz entspricht den Abbildungen, die mit der Anmeldung beim IGE eingereicht werden. Nur das, was hinterlegt ist, ist geschützt und kann verteidigt werden. Ich mache gern ein Beispiel: In den Anfängen ihres Unternehmens kamen die Gebrüder Freitag ins IGE und wollten das Material schützen. Das geht mit Design nicht. Die Tatsache, dass sie Taschen aus alten Lastwagenblachen herstellen, lässt sich nicht schützen. Jedoch kann das Aussehen der Produkte geschützt werden.
Worauf kommt es an, wenn ich beim IGE ein Design anmelden will?
Das Design muss zum Zeitpunkt der Anmeldung neu sein. Wir prüfen das zwar nicht, aber eine Recherche in Datenbanken oder Fachpublikationen sollte vom Anmelder gemacht werden um sicherzustellen, dass diese Form und Gestaltung noch nicht existiert. Die goldene Regel ist: Zuerst schützen, dann verkaufen. Dann hat man etwas in der Hand, wenn man plötzlich kopiert wird.
Bei der Anmeldung sind auch Bilder einzureichen. Worauf kommt es hier an?
Die Qualität der Bilder ist beim Designschutz zentral. Die bei der Anmeldung eingereichten Abbildungen dokumentieren, was geschützt sein soll. Wird das Design in Farbe geschützt, ist der Schutzumfang auf die gewählten Farben beschränkt. Melden Sie einen roten Sessel mit einem Farbfoto an, ist dieser Sessel nur in roter Farbe geschützt. Wird das Design hingegen in schwarz-weiß hinterlegt, ist das Objekt grundsätzlich für alle Farben geschützt. Außerdem sollte der Gegenstand neutral gezeigt werden, also ohne weitere Objekte auf dem Foto. Fazit: Der Schutz gilt genau für das, was auf den Abbildungen zu sehen ist.
Was haben Sie bei Anmeldungen schon alles erlebt?
An eine Geschichte erinnere ich mich besonders gut. Eine ältere Dame wollte das Design für ihre Servietten schützen. Am Telefon spürte ich, dass es ihr nicht nur um den Designschutz ging. Sie erzählte, dass sie keine Lehre und Ausbildung machen konnte. Die Anmeldung bedeutete ihr sehr viel – es wäre das erste Zertifikat mit ihrem Namen.
Wie ging es weiter?
Wir fertigten ihre Designschutz-Urkunde mit allen möglichen Prioritätsbelegen und Stempeln an, um den offiziellen Charakter zu unterstreichen. Nach Erhalt der Urkunde rief sie an und bedankte sich unter Tränen. Das hat uns alle bewegt. Es machte uns deutlich, dass wir nie vergessen dürfen, dass wir es mit Menschen zu tun haben. Es sind unsere Kunden.
Designschutz-Serie
Die Form, Gestaltung oder Musterung eines Produkts tragen zum Kaufentscheid beitragen. Das Auge kauft sozusagen mit. Diese Einzigartigkeit gilt es zu schützen. Das IGE beleuchtet in einer Serie den Designschutz und wie er in der Schweiz zur Geltung kommt. Im ersten Teil hier hat der IGE-Experte Auskunft gegeben. In den weiteren Folgen kommt ein Designer, der den Schutz praktiziert, zu Wort. Ausserdem erzählt ein Unternehmer, wie er seine Designprodukte gegen Kopierer verteidigt. Schliesslich lässt ein auf das Thema spezialisierter Anwalt in seinen Alltag blicken