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Wo liegt die Grenze zwischen freier Meinungsäusserung und den IP-Rechten?

Die Balance zwischen freier Meinungsäusserung und dem Schutz geistigen Eigentums ist ein komplexes und oft kontrovers diskutiertes Thema. Am 27. August versammelten sich rund 50 Personen aus der deutsch - und französischsprachigen Schweiz an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Neuenburg. Dabei stand folgende Frage im Mittelpunkt: Gibt es ein faires Gleichgewicht zwischen der freien Meinungsäusserung und dem Immaterialgüterrecht?

Sabrina Konrad beantwortet Fragen aus dem Publikum zum Thema Leistungsschutzrecht. (Bild: IGE)

Der 14. Innovationstag der Universität Neuenburg bot eine Plattform für Experten und Expertinnen aus der Branche, um Gedanken zur Meinungsäusserungsfreiheit und dem Schweizer Recht auszutauschen und mögliche Massnahmen für die Anwendung im jeweiligen Rechtsgebiet zu formulieren. Die Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geistiges Eigentum (IGE) organisiert wurde, konzentrierte sich in ihrer zweisprachigen Neuauflage vor allem auf das Immaterialgüterrecht.

 

Grenzen der Meinungsfreiheit im Markenrecht

Daniel Kraus eröffnete die Konferenz mit der Betonung, dass es nicht darum gehe, den Röstigraben zu verstärken, sondern sich sprachlich und thematisch anzunähern. Passend dazu stand Rösti auf dem Mittagsmenü.


In seiner Präsentation zeigte Kraus ein Hundespielzeug, das die Form und Farbe einer Jack Daniels Flasche hatte, jedoch mit «Bad Spaniels» beschriftet war und beim Zusammendrücken einen Quietsch-Geräusch machte. Wird die Marke hiermit ins Lächerliche gezogen oder fällt dieses Beispiel unter die Meinungsäusserungsfreiheit? Was soll in solchen Fällen für eine Rechtspraxis gelten? Der Supreme Court der USA hatte am 8. Juni 2023 über diesen Fall entschieden (siehe «Jack Daniel’s Properties, Inc. v. VIP Products LLC»).


Die Beziehung zwischen freier Meinungsäusserung und Geistigem Eigentum ist im Urheberrecht umfassend geregelt. In anderen Bereichen des Geistigen Eigentums wirft sie jedoch mehr Fragen auf: insbesondere im Markenrecht, wo es keine Ausnahmen gibt.
 

 
 

Parodie und Urheberrecht: Ein Spannungsfeld

Das Urheberrecht und die Meinungsfreiheit stehen insbesondere im Bereich der Parodie im Konflikt. Unter dem Art. 11 Abs. 3 des Urheberrechtsgesetztes steht: «Zulässig ist die Verwendung bestehender Werke zur Schaffung von Parodien oder mit ihnen vergleichbaren Abwandlungen des Werks.» Unter dem Begriff «vergleichbare Abwandlungen» bestehen noch viele offene Fragen, da bisher nicht umfassend geklärt ist, was alles darunter fällt und was nicht (z. B. Mashups, Remix, Meme, GIF, Sampling etc.). Ein Paradebeispiel ist der Fall «Metall-auf-Metall», der derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg verhandelt wird. Ein Hip-Hop Produzent wird angeklagt, im Jahr 1997 den Song «Metall-auf-Metall» von Kraftwerk ohne Erlaubnis verwendet zu haben. Dabei nutzte er einen zwei Sekunden langen Ausschnitt und erstellte daraus einen durchlaufenden Rhythmus für einen Song.


Für öffentliche Plattformen wie YouTube ist es schwierig, da sie verantwortlich sind, wenn gegen das Urheberrecht verstossen wird. Die Social Media Plattform setzt spezielle Filter ein, um Verstösse vorzubeugen. Die Erkennungssysteme haben zur Folge, dass Videos zum Teil entfernt werden, obwohl sie unter die Schranken der Parodie oder vergleichbare Abwandlungen fallen, was der Algorithmus nicht erkennt. Besteht hier eine Bedrohung der künstlerischen Freiheit?


Es wird erwartet, dass der EuGH im nächsten Jahre einen Entscheid im Fall «Metall-auf-Metall» treffen wird. Ungewiss ist noch, ob das Urteil einen Einfluss auf die Schweizer Rechtsprechung haben wird. Sicher ist jedoch, dass die Europäische Union sich an diesem Urteil orientieren wird.
 

 

Aktueller Stand des Leistungsschutzrechtes

Sabrina Konrad, stellvertretende Leiterin Urheberrecht am IGE, hat in ihrem Beitrag über die aktuelle Situation des geplanten Leistungsschutzes für Medien und den Stand der Dinge der Revision gesprochen. Ziel einer solchen Regelung ist, dass grosse Online-Dienste künftig eine Vergütung an Medienunternehmen zahlen müssen, wenn sie sogenannte «Snippets», also kleine Textausschnitte, verwenden. Der Bundesrat lässt nun eine Botschaft vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) ausarbeiten, um danach dem Parlament die Möglichkeit zur Meinungsäusserung und politischen Entscheidung zu geben.

 

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