«Plattformen vermitteln den Eindruck, Musik sei ein kostenloses Gut»

Der diesjährige Welttag des Geistigen Eigentums vom 26. April 2025 ist dem Thema «IP and music: Feel the beat of IP» gewidmet. Jocelyne Rudasigwa ist Musikerin und Komponistin und erklärt im Interview, vor welchen Herausforderungen die Schweizer Musikschaffenden in Bezug auf KI und Plattformen stehen.

Jocelyne Rudasigwa engagiert sich für die IP-Rechte der Schweizer Musikschaffenden. (Bild: Dominic Iseli)

Der im Jahr 2000 von den Mitgliedsstaaten der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) ins Leben gerufene World IP Day dient dazu, generell ein besseres Verständnis von Geistigem Eigentum zu schaffen. Im Fokus stehen Schöpferinnen, Unternehmer und Erfinderinnen. Das IGE nimmt die diesjährige Ausgabe zum Anlass, Musikschaffende in der Schweiz zum Thema IP in ihrer kreativen Tätigkeit zu befragen und möchte erfahren: Wie fühlen Sie den «Beat» des Geistigen Eigentums?


Ihre Wahrnehmung teilt Jocelyne Rudasigwa, Verantwortliche für Projekte zeitgenössischer Musik und politischer Angelegenheiten Westschweiz beim Berufsverband Sonart.

 

IGE: Was beschäftigt die Musikschaffenden in der Schweiz aktuell besonders stark? Welchen Themen oder Fragen begegnen Sie als Verband häufiger?

Jocelyne Rudasigwa: Die Tatsache, dass man von der Musik nicht wirklich leben kann, ist ein zentrales Anliegen der Schweizer Musikerinnen und Musiker. Seit dem Aufkommen der Streaming-Plattformen haben Künstlerinnen und Künstler einen grossen Teil ihres Einkommens verloren und der Aufstieg der KI verschärft diese Situation noch.

 

Worin sehen Sie aktuell die grössten Herausforderungen mit Bezug auf Ihr Engagement als Verband?

Unsere grösste Herausforderung besteht darin, unsere Honorarempfehlungen zu veröffentlichen und dass die Szene uns mitträgt und versteht. Auf politischer Ebene bringen wir uns in mehreren Arbeitsgruppen zum Thema Streaming-Plattformen und KI ein, und die Achtung des Geistigen Eigentums unserer Mitglieder ist unser zentralstes Anliegen.

  

Wie beeinflussen moderne Technologien, wie zum Beispiel das Streaming von Musik, Social Media oder KI, die Wahrnehmung und den Umgang mit Geistigem Eigentum?

Die Plattformen haben das Einkommen von Musikerinnen und Musikern ruiniert, indem sie den Eindruck vermitteln, Musik sei ein kostenloses Gut. Ohne starke Rechtsetzung wird KI dasselbe anrichten, denn Musik gibt es nicht nur kostenlos zu hören, damit kann man sie auch kostenlos produzieren. Es ist überlebenswichtig, das Geistige Eigentum aller Künstlerinnen und Künstler umgehend zu schützen.

 

Wie sehen Sie die Zukunft des Geistigen Eigentums im Musikbereich, insbesondere im Hinblick auf Veränderungen durch neue Technologien (etwa Generative Künstliche Intelligenz)?

Der Staat muss seine Verantwortung in Sachen Gesetzgebung wahrnehmen und wie Christian Ritter (HSLU) sagt: «Es liegt an uns, eine Kultur des digitalen Wissens zu fördern». Als Dachverband der selbstständigen Musikerinnen und Musiker sind wir verpflichtet, unsere Mitglieder zu informieren und zu schulen.

 

Was würden Sie Musikschaffenden raten, wenn es darum geht, ihre Rechte zu verstehen und zu schützen?

1.    Urheberrecht verstehen. 
2.    Streaming-Plattformen, mit denen man zusammenarbeiten will, verstehen und gut auswählen. 
3.    Die Werke so schnell wie möglich bei den Verwertungsgesellschaften hinterlegen.
4.    Die Nutzung der eigenen Musik durch KI verweigern oder eingrenzen.
5.    Gesetzgeberische Fortschritte verfolgen.


All diese Punkte sind Gegenstand der Fortbildungen, die wir unseren Mitgliedern anbieten, sowie unserer politischen Auseinandersetzungen.

 

Zur Person

Jocelyne Rudasigwa ist Musikerin und Komponistin und engagiert sich als Verantwortliche für Projekte zeitgenössischer Musik und politischer Angelegenheiten West-schweiz beim Berufsverband Sonart. Sie ist seit über 30 Jahren in der Musikbranche tätig.

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