Im Urteil B-1958/2022 "f2 (fig.) / F2 (fig.)" prüfte das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) vorfrageweise die Vereinbarkeit von Art. 22 Abs. 3 der Markenschutzverordnung (MSchV), in seiner am 1. Dezember 2021 gültigen Fassung, mit dem Markenschutzgesetz (MSchG). Es stellte fest, dass diese Bestimmung der MSchV insofern gesetzeswidrig sei, als sie die vorsorgliche Geltendmachung des Nichtgebrauchs ausschliesse, während das MSchG diese nicht ausschliesse. Das BVGer bestätigte damit seine Rechtsprechung, wonach der Nichtgebrauch auch dann geltend gemacht werden kann, wenn die Karenzfrist noch nicht abgelaufen ist, und dass es, wenn diese Frist im Verlauf des Verfahrens abläuft, Aufgabe des IGE ist, den Gebrauch der Marke zu prüfen (vgl. auch BVGer B-6675/2016 - GERFLOR, GERFLOR Theflooringroup / GEMFLOOR).
In Anbetracht dieser Rechtsprechung wird das IGE künftig Art. 22 Abs. 3 MSchV in seiner Fassung vor dem 1. Dezember 2021 anwenden. Damit ändert das IGE seine Praxis und geht künftig davon aus, dass der Nichtgebrauch während der Karenzfrist vorsorglich geltend gemacht werden kann. Der Nichtgebrauch muss jedoch immer in der ersten Stellungnahme zum Widerspruch geltend gemacht werden (vgl. Art. 22 Abs. 3 aMSchV [AS 1993 226]). Wenn die Karenzfrist abläuft, bevor das IGE seinen Entscheid erlässt, ist die Instruktion wieder aufzunehmen und der widersprechenden Partei die Gelegenheit zu geben, die entsprechenden Gebrauchsnachweise einzureichen.
Diese Praxisänderung gilt ab sofort für alle laufenden Widerspruchsverfahren. Ziffer 5 des Teils 6 der Richtlinien des IGE in Markensachen wird bei der nächsten Revision entsprechend angepasst werden.